Geschichte der Craniosacraltherapie

Die Geschichte der Craniosacralen Therapie (CST) ist eng mit den Ursprüngen der Osteopathie im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert verbunden.
Wurzeln in der Osteopathie Die Osteopathische Medizin wurde 1892 von dem amerikanischen Arzt Dr. Andrew Still ins Leben gerufen. Still leitete den Namen von den griechischen Wörtern „Osteon“ (Knochen) und „Pathie“ (Leiden) ab, wobei Knochen für ihn alle Strukturen des Bewegungsapparates repräsentierten. Seine zentrale Annahme war, dass eine optimale Versorgung mit Blut, Nerven und Lymphe gewährleistet ist und die körpereigenen Selbstheilungskräfte – von ihm als „universelles Fluidum“ bezeichnet – frei fliessen können, wenn alle Strukturen des Organismus in harmonischer Bewegung sind.
Dr. William G. Sutherlands wegweisende Entdeckungen Der eigentliche Begründer der Craniosacralen Therapie ist Dr. William G. Sutherland. Seine erste bahnbrechende Erkenntnis war die Annahme, dass sich die Schädelknochen bewegen. Diese Beobachtung bestätigte er durch diverse Selbstexperimente und schloss daraus, dass diese Schädelbewegungen eine wichtige physiologische Funktion haben müssen.
Sutherland erkannte einen engen Zusammenhang zwischen der Bewegung der Schädelknochen und anderen Körpergeweben. Er identifizierte insbesondere das Membransystem, das kontinuierlich mit den Schädelknochen und deren Innenseite verbunden ist, als einen wesentlichen Bestandteil dieses Phänomens. Des Weiteren stellte er fest, dass das zentrale Nervensystem und die zerebrospinale Flüssigkeit, in der das Gehirn „schwimmt“, eine rhythmische Bewegung aufweisen. Auch das Kreuzbein (Sacrum) ist mit seinen duralen Verbindungen zum Schädel Teil dieses Systems. So bildet sich im Innersten des Körpers eine „Infrastruktur“ aus Flüssigkeiten und Geweben, die eine sich gegenseitig beeinflussende, feine rhythmische Bewegung ausdrückt.
Der "Breath of Life" Bei der weiteren Erforschung der Ursprünge dieser Rhythmen stellte Dr. Sutherland fest, dass diese nicht durch äusserlich einwirkende muskuläre Kräfte hervorgerufen werden. Er folgerte, dass sie von einer dem Körper innewohnenden „Lebenskraft“ erzeugt werden müssen. Diese Kraft nannte er „Breath of Life“ (Potency) und sah sie als die Antriebskraft oder den Zündfunken hinter den von ihm entdeckten Rhythmen. Er postulierte, dass diese starke Kraft einen wesentlichen Einfluss auf die Psyche und Gesundheit des Menschen hat; bei deren Abnahme entsteht ein Ungleichgewicht im System, das zu psychischen oder physischen Erkrankungen führen kann.
Historischer Kontext Die Vorstellung von subtilen Bewegungen im Körper war bereits vor Sutherland in anderen Kulturen bekannt. Verschiedene asiatische Medizinrichtungen wie Akupunktur und Ayurveda kannten solche Bewegungen und sahen deren Ursprung im Fluss der Lebenskraft. Auch in der russischen Physiologie war diese Vorstellung traditionell verankert, und italienische Anatomen lehrten bereits Anfang des 20. Jahrhunderts, dass die Schädelnähte Erwachsener nicht vollständig zusammenwachsen, sondern lebenslang kleinste Bewegungen zulassen.
Craniosacrale Therapie in der Schweiz In der Schweiz ist das Angebot der Craniosacralen Therapie durch komplementärmedizinische, nicht-ärztliche Therapeuten gesetzlich verankert. Die Kosten für die Therapie werden von privaten Krankenversicherungen zusammen mit anderen komplementärmedizinischen Therapien erstattet. Zudem haben Schweizer psychiatrische Universitätskliniken integrativmedizinische Behandlungskonzepte entwickelt, die die Craniosacrale Therapie als festen Bestandteil in die konventionelle ambulante und stationäre Versorgung integriert haben.
Die Cranio Suisse – Schweizerische Gesellschaft für Craniosacral Therapie ist die massgebliche Fachgesellschaft in der Schweiz und hat ihren Sitz in Zürich. Sie informiert über Studien zur Wirksamkeit der CST, beispielsweise bei chronischen Schmerzen und bei der Behandlung von Koliken bei Kleinkindern. Die Tell-Klinik AG in Altdorf, Schweiz, bietet Craniosacral-Osteopathie an und hebt hervor, dass diese Methode bei Schmerzleiden, neurologischen Erkrankungen wie Migräne, Schwindel, Tinnitus, Gesichtsschmerzen und Kiefergelenksproblemen wirksam sein kann. Ein Patient namens Walter Kalt aus Windisch, Schweiz, berichtete, dass ihm die Craniosacral-Therapie in Zürich nach einem Schlaganfall geholfen habe, das Gefühl und die Feinmotorik in seiner Hand zurückzugewinnen und seine Stärke und Zuversicht zu stärken.
Als eine bekannte Bildungseinrichtung in diesem Bereich ist die Cranioschule in Zürich zu nennen. Die Ausbildungsskripte der "Schule für Craniosacrale Osteopathie Rudolf Merkel" dienen als Literaturreferenz in Diplomarbeiten zum Thema.
Die Craniosacral-Therapie hat sich somit als eine wichtige alternative medizinische Behandlungsform aus der Osteopathie entwickelt und wird heute bei einer Vielzahl von Beschwerden und Krankheitsbildern angewendet.